Kampf der Gewalt gegen Schwarze und Rassismus in Deutschland
Black Community Coalition for Justice & Self-Defence
Am 11. Juli 2024 haben wir unseren Bruder William Chedjou Noubissi – einen Sohn, Ehemann, Vater von zwei Kindern und Freund innerhalb und außerhalb der kamerunischen Diaspora-Gemeinschaft – auf tragische und brutale Weise durch einen hasserfüllten und bösartigen Gewaltakt in Berlin Gesundbrunnen verloren.
Der denkbar banale Grund war ein Parkplatzstreit!
Unsere Gedanken und unser tiefstes Mitgefühl gelten zuerst den Hinterbliebenen und Freunden, die nun die Last dieses unbegreiflichen und unmenschlichen Mordes tragen müssen.
Der Mörder, ein rassistischer Mensch, erstach kaltblütig einen unbewaffneten Schwarzen aus niederen Motiven. Der Mörder beging nicht nur die abscheuliche Tat, sondern weder er noch seine Familie riefen den Krankenwagen oder halfen William – stattdessen versuchten sie sogar, vom Tatort zu fliehen.
Diese eklatante Gewalt veranschaulicht erneut, dass das Leben von Menschen Afrikanischer Herkunft in der rassistischen Hierarchie allzu oft am niedrigsten steht.
Für uns als Menschen Afrikanischer Herkunft ist dies schockierend, aber nicht außergewöhnlich überraschend in einer Gesellschaft, in der Rassismus gegen Schwarze eine allgemeine Grundeinstellung ist, die nicht zugegeben, sondern heruntergespielt und ignoriert wird. Von all den Intersektionen, die wir kennen und in unserem täglichen Leben durch Diskriminierung erleben, ist die Rassifizierung von Schwarzen Menschen eines der stärksten und hartnäckigsten Vorurteile in allen sozialen Klassen und Gruppen. Dennoch werden seine Existenz und Folgen weithin gewissenlos geleugnet.
Wichtig ist, dass es nicht nur eine Form des Weißen Überlegenheitsanspruches ist, gegenüber Schwarzen rassistisch zu sein. Der Geschichte und der Hierarchie rassistischer Unterdrückung folgend, ist Rassismus gegenüber Schwarzen eine allgegenwärtige Form der Diskriminierung auf der ganzen Welt im Kontext von Sklaverei, kolonialer und neokolonialer Ausbeutung durch implizite Vorurteile und institutionelle Routinen. Die konstruierte Überlegenheit und Ausgrenzung Schwarzer Menschen ist in fast allen Bezugsgruppen mit nicht-schwarzer Identität weit verbreitet – sogar bei anderen Migrant*innen, die selbst rassistischer Diskriminierung ausgesetzt sind.
Wir müssen dieses Problem ein für alle Mal gründlich abschaffen!
Das Konstrukt des Rassismus wird bis heute aufrechterhalten, indem systematisch eine Hierarchie der Privilegien eingeführt wurde, die das Leben Schwarzer Menschen systematisch am meisten abwertet. Dieses tief verwurzelte System sorgt dafür, dass der Rassismus gegen Schwarze Menschen tief in allen gesellschaftlichen Strukturen verankert bleibt und die Art und Weise beeinflusst, wie Schwarze Menschen mit impliziter und expliziter Voreingenommenheit wahrgenommen und folglich behandelt werden.
Das gewalttätige Schweigen aller Institutionen in Deutschland – staatlicher Behörden, Institutionen, Politiker und Medien – spricht dabei Bände.
Warum schweigen diese Organisationen im Angesicht eines so eklatanten Rassismus und der daraus resultierenden Gewalt so beharrlich?
Ihr Schweigen verewigt die systematische Diskriminierung und Gewalt gegen Schwarze Menschen und macht sie zu Komplizen der anhaltenden Ungerechtigkeit. Die respektlose Darstellung von William durch die Medien als „Pizzafahrer“ – anstatt ihn als Menschen, Vater und Mitglied der Gemeinschaft anzuerkennen – ist ein klares Beispiel für diese Verachtung und Entmenschlichung.
Das Problem kann nicht nur auf die tätlichen Akte physischer oder psychischer Gewalt gegen Schwarze Menschen reduziert werden, sondern setzt sich fort in der fehlenden Anerkennung, unangemessenen Strafverfolgung, parteiischen Prozessführung und Verweigerung der statistischen Erfassung von Rassismus gegen Schwarze als eigenständigem Verbrechen.
Die sich wiederholenden Muster der Straflosigkeit zeigen sich in Fällen wie „Gerechtigkeit für Daniel“, „Gerechtigkeit für Valerie“, „Gerechtigkeit für Mouhamed“ oder dem Mord an Oury Jalloh, in denen es trotz eindeutiger Täter*innen noch immer keine angemessene Strafverfolgung gegeben hat. Die Art und Weise, wie in Medien, Politik, Institutionen und Behörden (nicht) mit Rassismus gegen Schwarze umgegangen wird, ist eine wesentliche Grundursache und Ausdruck der Verachtung und Ignoranz, die angeprangert und geändert werden muss.
Wir verurteilen das repressive Vorgehen der Berliner Polizei gegenüber der unmittelbaren Trauer traumatisierter Menschen und dem selbstorganisierten Protest besorgter Schwarzer Menschen am Abend des Mordes in der Böttgerstraße, die von stereotypen Medienberichten begleitet wurden. Statt der zur Schau gestellten egozentrischen Attitüde der Unterdrückung und Schikane wären eher Sensibilität und Respekt gefragt gewesen.
Wir danken unseren Communities, die schnell und effizient eine Krisenreaktion und -intervention organisiert haben, um die Familie zu unterstützen, insbesondere Williams zwei kleine Kinder und ihre Mutter. Ihre Bemühungen sind ein Beweis für unsere Stärke und Einheit in Zeiten der Not.
Wir rufen unsere Schwarzen Communities in Deutschland dazu auf, in dieser Zeit der Trauer und des Kummers weiterhin Unterstützung für die Familie von William Chedjou Noubissi zu organisieren und Solidarität mit ihr zu zeigen. Niemand wird sich unserer Probleme annehmen, wenn wir nicht in der Lage sind, dies gemeinsam selbst zu tun. Verbreiten Sie die Nachricht von der kriminellen Tötung, ehren Sie weiterhin sein Andenken, spenden Sie an die eingerichtete GoFundMe-Kampagne (https://www.gofundme.com/f/william-chedjou-noubissi-decider-le-11072024-a-berlin/donate?source=btn_donate ) und fordern Sie auch andere auf, dies ebenfalls zu tun.
Wir fordern die Berliner Behörden auf, in allen Aspekten des Falles eine ordnungsgemäße Aufklärung und strafrechtliche Verfolgung zu erwirken, einschließlich der Fristen für das Eintreffen des Rettungswagens zur professionellen medizinischen Versorgung.
Wir fordern statistische Datenauswertungen über das Ausmaß von Übergriffen und diskriminierenden Vorfällen gegen Schwarze in Berlin und Deutschland sowie Evaluationen von Antidiskriminierungsmaßnahmen zum Schutz der Rechte und der Würde Schwarzer Menschen.
Anstatt Maßnahmen zur ethnischen Diskriminierung umzusetzen, die sich überproportional gegen Schwarze richten, fordern wir verstärkte Maßnahmen zum Schutz von Schwarzen Menschen, die überproportional häufig gewalttätigen Angriffen ausgesetzt sind.
Wir fordern zusätzlich verstärkte Bemühungen, die historischen Verbrechen gegen Menschen Afrikanischer Herkunft und die bedeutenden Beiträge Schwarzer Menschen und Afrikanischer Länder zur Entwicklung, zum Wohlstand, zum Fortschritt und zur Zivilisation der ganzen Welt wahrheitsgemäß in Bildung und Medien hervorzuheben. Dies ist von entscheidender Bedeutung, um weit verbreiteten stereotypen Vorurteilen gegenüber Schwarzen Menschen und Afrikaner*innen auch tatsächlich wirksam entgegentreten zu können.
Darüber hinaus fordern wir , dass Gelder aus den polizeilichen Budgets für Racial Profiling zugunsten von schwarzen Gemeinschaftsinitiativen umverteilt werden. Es ist an der Zeit, in Programme zu investieren, die unsere Communities stärken, anstatt den Teufelskreis aus Gewalt und Unterdrückung aufrechtzuerhalten.
Lasst uns unsere Trauer in eine Kraft für den Wandel umwandeln!
Sorgen wir dafür, dass Williams Tod nicht umsonst gewesen ist, indem wir weiterhin und unermüdlich nach Gerechtigkeit streben – nicht nur in seinem Fall, sondern für alle Schwarzen Menschen, die von ähnlichen Tragödien betroffen sind.
Wir müssen uns organisieren und gegen die Straflosigkeit und die Systeme kämpfen, die uns weiterhin Gewalt antun. Es ist an der Zeit, dass jeder Mensch Afrikanischer Herkunft aufsteht und sich für Gerechtigkeit einsetzt.
Wir stehen solidarisch im Kampf für Würde und Gerechtigkeit für alle Menschen Afrikanischer Herkunft.
Wir werden uns organisieren, wir werden nicht nachlassen und wir werden für Gerechtigkeit und Gleichheit für jedes Schwarze Leben sorgen, hier in Deutschland und auf der ganzen Welt.
Ruhe in Frieden, William!
Deine Community erinnert sich an Dich, ehrt Dich und wird unermüdlich Gerechtigkeit für Dich suchen.
Dein Leben war wichtig und wir werden weiter dafür kämpfen, dass die Welt diese Wahrheit kennt und danach handelt.
20. Juli 2024
Black Community Coalition for Justice & Self-Defence