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Aufruf zur Demonstration am Tag der Befreiung Afrikas

#JusticeForMbobda

Am 21. April 2019 wurde der Afrikanische Student Tonou Mbobda durch einen rassistischen und brutalen Übergriff von “Sicherheits-“Kräften des Universitätsklinikums Hamburg (UKE) getötet.
Die Gewalttat trug sich an jenem Sonntag früh in der Klinik für Psychiatrie, dem Gebäude W37 des UKE zu. Tonou Mbobda wollte die ihm verschriebenen Medikamente nicht einnehmen und begab sich an diesem morgen aus dem Gebäude heraus. Er hatte sich vor Kurzem freiwillig in das Krankenhaus begeben und es stand ihm eigentlich frei, das Gebäude zu verlassen, wann er will.

Laut Augenzeug_innen saß Tonou Mbobda draußen auf einer Bank und entspannte sich. Er hatte kein aggressives Verhalten gezeigt, als die Mitarbeiter des UKE- “Sicherheitsdienstes“ ihn anpackten und zu Boden warfen. Weiter berichten die Zeug_innen, dass er mit Knien traktiert und getreten wurde, bis er das Bewusstsein verlor und dass er dann eine Spritze verabreicht bekam. Außerdem wurde er am Boden fixiert und gewürgt. Er beklagte sich, keine Luft zu bekommen. Nach erfolglosen Wiederbelebungsversuchen vor Ort wurde Tonou Mbobda mit einem Krankenwagen, in dem die Reanimation fortgesetzt wurde, in die Notfall-Intensivstation des UKE gebracht.
Die Geräte dort, die sein Herz zwischenzeitlich wieder schlagen ließen, wurden am Freitag, den 26. April abgestellt und sein Tod offiziell festgestellt.

Das UKE unternahm nach der Tat keine Anstrengungen, die Familie des Betroffenen ausfindig machen, sie zu informieren und für Aufklärung zu sorgen. Im Gegenteil: Das UKE sprach zunächst öffentlich von einem „medizinischen Zwischenfall“ und verweigerte die weitere Kommunikation zum Geschehen. Und sie begannen schnell mit der Rechtfertigung der Tat: Sie entwürdigten und kriminalisierten den Getöteten, indem sie das Bild von einem „gefährlichen“ und psychisch kranken Schwarzen Mann zeichnen,
der selbst die Schuld für seine Ermordung trägt. Sie entmündigten und stigmatisierten von Anfang an die Mitpatient_innen des Getöteten und stellten die Wahrnehmungsfähigkeit der verschiedenen Zeug_innen in Abrede. Sie relativieren die Gewalt und stellen sich bis heute schützend vor die Täter.
Anstatt die Gewalttat aufzuklären, tut die Krankenhausleitung sie so, als ob Tonou Mbobda, der sich ohne innere Vorerkrankungen ins UKE begab, auch ohne die Gewalteinwirkung einfach so hätte versterben können. Die medizinischen und politischen Verantwortlichen zeigen sich weiterhin gleichgültig, gehen in Abwehrhaltung und haben es immer noch nicht geschafft, Konsequenzen zu ziehen.

Struktureller, Anti-Schwarzer Rassismus ist eine zentrale Ursache für die Ermordung von Tonou Mbobda und für den Umgang mit der Tat. Das Hamburger Universitätsklinikum ist eine weiße Institution, rassistische Praktiken und die entsprechende Straflosigkeit der Täter*innen haben bereits eine längere Vorgeschichte. Dort wurden schon im 20. Jahrhundert die Schädel von ermordeten
Afrikaner*innen und von weiteren unterdrückten Völkern gesammelt.

Wir erinnern aus jüngerer Zeit auch und insbesondere an Achidi John, der im Dezember 2001 durch eine Ärztin des UKE zu Tode gefoltert wurde. Hierbei wurde ihm gewaltsam ein Brechmittel durch eine Sonde eingeflößt. Bis heute wurde keine verantwortliche
Person dafür zur Rechenschaft gezogen. Stattdessen sind sie aufgestiegen: Politisch Verantwortliche, z.B. der damalige Innensenator Olaf Scholz ist heute deutscher Vizekanzler, die Beteiligten am UKE sind Institutsleiter (Klaus Püschel) und Oberärztin (Ute Lockemann) in der Rechtsmedizin. Ausgerechnet in dieser UKE-Rechtsmedizin wird nun auch die Leiche von Tonou Mbobda untersucht.

Diese Tat hätte jede_n von uns als Schwarze Menschen treffen können, solche Situationen spiegeln die rassistische und menschenverachtende Wahrnehmung gegenüber Schwarzen Menschen als „aggressiv“, „gewalttätig“ und somit grundsätzlich
verdächtig wieder. Unabhängig von äußeren Umständen oder persönlichen Situationen werden wir dann eher mit brutaler bis tödlicher Gewalt, als mit Mitgefühl konfrontiert. Rassismus ist ein System der Entmenschlichung und Hierarchisierung. Es ist die Ideologie
der weißen Vorherrschaft, ein ausgedachte Rechtfertigung für Gewalt durch Ausbeutung und Unterdrückung, Gewalt durch Versklavung, Kolonialismus und Imperialismus.

Der Kampf um Gerechtigkeit für Mbobda ist untrennbar verbunden mit den alltäglichen und weltweiten Kämpfen gegen ein ganzes System der rassistischen Unterdrückung. Dieses System hat nun ein weiteres Opfer gefordert und wir trauern mit der gesamten Familie und mit Freund_innen aus allen Teilen dieser Welt. Wir werden das Andenken des Getöteten in Ehren halten. Es ist unsere Aufgabe für Aufklärung, Gerechtigkeit und Verantwortung zu sorgen, uns gegen die systematische, rassistische Unterdrückung auf allen Ebenen in dieser Gesellschaft zu wehren, sowie jede Stigmatisierung und Zwangsbehandlung von
psychisch belasteten Menschen zu beenden und für die Aufklärung von rassistischen und menschenverachtenden Verbrechen einzutreten.

Deshalb ruft die Black Community Hamburg zu einer bundesweiten Demonstration in Gedenken an Tonou Mbobda zum Tag der Befreiung Afrikas am 25. Mai 2019 auf!

Der Tag der Befreiung Afrikas wird jährlich in großen Teilen Afrikas und der Afrikanischen Diaspora gefeiert und ist Ausdruck unseres ungebrochenen Strebens nach Befreiung, Einheit und Selbstbestimmung.
Am 25. Mai 1963 gründeten zahlreiche Afrikanische Staaten, die sich aus den Ketten des Kolonialismus befreit hatten in Addis Abeba (Äthiopien) die „Organisation der Afrikanischen Einheit“ und riefen damit den „Tag der Befreiung Afrikas“ aus, der später auch „Afrika-Tag“ genannt wurde. Dieser Tag ist ein Ausdruck des Afrikanischen Kampfes um Gerechtigkeit.
Die gebündelte Kraft der Einheit aller Schwarzen Menschen auf dem Kontinent und in der Diaspora steht an diesem Tag im Mittelpunkt unserer alltäglichen und vielfältigen Kämpfe. Das Werk der kompletten Befreiung und Vereinigung Afrikas ist bis heute nicht vollbracht.
Weiterhin gelten in Afrika noch Grenzen, die von den Großmächten 1884/1885 in Berlin beschlossen wurden. Im Zeitalter des Neokolonialismus werden unsere natürlichen Reichtümer und unsere Arbeitskräfte weiterhin von fremden Großmächten und den Eliten
ausgebeutet.

Bis heute werden Schwarze Menschen auf der ganzen Welt missachtet, misshandelt und getötet. Dagegen müssen wir uns zusammenschließen, für einander einstehen, unser Wissen und Können bündeln und unser Leben selbstbestimmt und solidarisch gestalten – es wird niemand für uns tun, wenn wir es nicht in unsere eigenen Händen nehmen!

Nur die Vereinigung und der kollektive Freiheitskampf gibt uns die Mittel, das System der weißen Vorherrschaft zu entlarven, ihre rassistischen Verbrechen aufzuklären, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, Reparationen einzufordern und Gerechtigkeit und Frieden für unsere ermordeten Ahn*innen zu finden.

In Zeiten weltweiter Kriegsführung, wirtschaftlicher Ausplünderung, fortgesetzter Umweltzerstörung und des Erstarkens von offen rassistischen und menschenverachtenden Positionen, rufen wir alle Schwarzen und solidarischen Menschen dazu auf, an diesem Tag ein starkes Zeichen gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit, Fremdbestimmung und Repression, Ausbeutung und Unterdrückung, sowie die globale Zerstörung unserer Kultur und Umwelt zu setzen.

Wir wollen ein Ende von Krieg und Vertreibung, ein Ende der mörderischen Festung Europa, ein Ende des Raubes unserer Lebenskraft und unserer Ressourcen. Wir wollen ein Ende des systematischen, institutionellen Rassismus und des Alltagsrassismus, der unseren Schwestern und Brüder in Lagern und Knästen, Polizeiwachen und Krankenhäusern, auf Straßen und Plätzen das Leben nimmt.

AUFKLÄRUNG – GERECHTIGKEIT – VERANTWORTUNG!

Demonstration:

Samstag, den 25.05.2019 | 12.00 Uhr
Ort: UKE – Gebäude W37 / Haupteingang
Martinistraße 52, 20251 Hamburg

TOUCH ONE – TOUCH ALL!

Black Community Hamburg
Black Community Deutschland


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Pressemitteilung der Black Community Hamburg vom 15.05.2019 (PDF):

PM JusticeForMbobda (15.5.2019) in Bezugnahme auf Statement UKE an Uni Hamburg

Pressemitteilung der Black Community

 

Die Black Community fordert vom UKE eine transparente Aufklärung der Vorgänge und keine scheinheilige Trauerbezeugung (durch Niederlegung eines Trauerkranzes am Ort des tödlichen Übergriffes)

Wir, Mitglieder, Vereine und Organisationen aus der Black Community in Hamburg und in Deutschland, sind entsetzt über die tendenziöse und beleidigende Darstellung der Vorgänge rund um den Tod unseres Bruders Tonou Mbobda durch das Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) Hamburg vom 30.04.2019.

In diesem Dokument an den Senat der Universität Hamburg, welches nicht offiziell unterzeichnet wurde, aber dennoch verschiedenen Medien zugänglich gemacht wurde, sind eine Vielzahl an Unterstellungen und Behauptungen aufgeführt, die ausschließlich dazu dienen sollen, von der eigenen Verantwortung des UKE für diesen Todesfall abzulenken.

Bereits in der Einleitung des Dokumentes wird auf einen „ganz ähnlichen Fall“ (vom 30.04.2019) verwiesen, der mit den Vorgängen, die zum Tod von Tonou-Mbobda geführt haben, nicht im Zusammenhang stehen.
Diese fallfremde Einbeziehung ist bereits ein klares Indiz dafür, dass dem UKE vordergründig daran gelegen ist, den Tod von Schutzbefohlenen Patient*innen zu „normalisieren“, als die eigenen Fehler und Verantwortlichkeiten zu benennen, zu analysieren und zukünftig abzustellen. Diese verantwortungslose Einstellung wird im letzten Satz am Ende des Schreibens nochmals eindrücklich betont: „Falls sich Fehler oder schuldhaftes Verhalten zeigen, werden wir natürlich reagieren.“

Das UKE verletzt in seinem Schreiben an den Senat ganz klar die Persönlichkeitsrechte des Patienten und die ärztliche Schweigepflicht, indem ärztliche Diagnosen und Deutungen von Verhaltensweisen des durch Handlungen von UKE Mitarbeiter*innen verstorbenen Patienten mitgeteilt werden. Eine dafür notwendige Entbindung von der Schweigepflicht durch die Familie liegt nicht vor.

Durch diese Angaben und Bezeichnungen betreibt das UKE eine Stigmatisierung des Patienten und von Menschen, die einer Gesellschaft, in der ständig von Integration und Inklusion gesprochen wird, in keiner Weise gerecht wird. Das UKE betont seine „Fürsorgepflicht“ gegenüber seinen Mitarbeiter*innen – einen Verweis auf die Fürsorgeverpflichtungen gegenüber Patient*innen findet sich hingegen nicht.

Das Dokument vom UKE beschreibt die Abläufe am 21.04.2019 im Weiteren sorgfältig ausgewählt und scheinbar objektiv. Aber in dieser Beschreibung fehlen leider einige ganz wesentliche Faken:
– Der Patient hat sich selbst in Behandlung begeben und wollte einfach nur ärztliche Unterstützung
– Zum Zeitpunkt des brutalen, tödlichen Übergriffes durch die Sicherheitskräfte lag der Antrag auf Unterbringung an die Ordnungsbehörde Altona noch nicht vor
– Die Tatsache, dass die Beschäftigten des Sicherheitsdienstes einen Patienten, der sich vor dem Gebäude W37 aufhielt, aufgegriffen, auf den Boden geworfen, mit Schlägen und
Tritten traktiert und dann mit mehreren Personen fixiert haben, wird nicht erwähnt
– Genauso wenig wird erwähnt, dass dieser ganze Vorgang solange gedauert hat, dass anwesende Zeugen sich gezwungen sahen, die Polizei zu rufen

Ein weiteres Zeichen für den manipulativen Charakter des Dokumentes des UKE ist die faktische Vor-feststellung nach dem Einleitungsteil, dass der Tod aufgrund einer „kardialen Komplikation“ eingetreten sei, obwohl doch weiter unten letztlich zu lesen ist: „Der Abschlussbericht (der Gerichtsmedizin) wird abzuwarten sein.“

Das UKE schreibt in seiner Stellungnahme, dass der Vorstand „empört über das medial erzeugte Klima der Vorverurteilung bis hin zum Vorwurf des Rassismus und Mordvorwurfs gegen Mitarbeiter*innen“ und dass man „es nach Jahrzehnten erstmals mit einem derartigen und so tragischen Geschehen am UKE zu tun habe“. Auch hier handelt es sich allerdings um reine Schutzbehauptungen, da es inzwischen zahlreiche, dokumentierte Übergriffe am UKE gegen Menschen afrikanischer Herkunft gibt, die von unabhängiger Seite bestätigt wurden. Außerdem ist uns sehr wohl noch die zweifelhafte Rolle des UKE und einzelner, hochrangiger Mitarbeiter am UKE beim tödlichen Brechmitteleinsatz gegen Achidi John aus dem Jahr 2001 in Erinnerung.

Der Verweis des UKE auf die Gewerbeordnung für Sicherheitsdienstleister im Allgemeinen sowie auf einzelne Maßnahmen am UKE, wie beispielsweise Schulungen für das Sicherheitspersonal (Deeskala-tions-Training), ist eine reine rechtliche Absicherungsbekundung und sollte an einem Standort wie dem UKE in Hamburg natürlich selbstverständlich sein.

Leider zeigt dieses Dokument vom UKE jedoch auch, dass im Bereich der rassistischen Übergriffe und struktureller Gewalt gegen Menschen Afrikanischer Herkunft keinerlei Bewusstsein bei den Entscheidungsträgern dieser Institution existiert.

Daher fordern wir weiterhin die Leitung und alle Entscheidungsträger vom UKE dazu auf, klare Konsequenzen aus den Vorgängen rund um den Tod von unserem Bruder Tonou-Mbobda zu ziehen und alle Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Statt der verspäteten Bekundung von „Bestürzung“ und bloßer Niederlegung eines Trauerkranzes am Ort des tödlichen Übergriffes fordern wir das UKE zu der im Schreiben selbst bekundeten „Sachlichkeit,
Transparenz und Aufklärung“ der Vorgänge auf. Das vorliegende Schreiben des UKE an den Senat der Universität Hamburg erfüllt all diese Kriterien nicht. Für Rückfragen, Anmerkungen und eine ehrliche Kommunikation stehen wir selbstverständlich jederzeit zur Verfügung.

Black Community in Hamburg
blackcommunityhamburg.blackblogs.org
Facebook: Justice For Mbobda

Touch ONE – Touch ALL!

Unterzeichnet:
– Black Community in Hamburg
– Black Community in Deutschland

Mitunterzeichnet:
– Africa United Sports Club e. V.
– Afrika Unite! Study Collective
– ARRiVATi
– Ta Set Neferu
– Initiative in Gedenken an Oury Jalloh
– CECAM e.V

 

 


 

#SPENDEN – #DONATIONS – #DONS – Kampagne Tonou Mbobda

 

Die Black Community Hamburg hat einen Aufklärungs- und Rechtshilfefond mit einer offiziellen betterplace-Kampagne gestartet. Aus diesem Fond sollen einerseits die anfallenden Kosten für die Rechtsbeistände der Familie Tonou-Mbobda getragen und andererseits notwendige unabhängige Ermittlungen und Gutachten finanziert werden:

#JusticeForMbobda – betterplace.org
www.betterplace.org/de/projects/70409

Durch die Zusammenarbeit mit dem Förderverein der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V. werden alle Spenden an diese Kampagne durch die Möglichkeit der Ausstellung einer Spendenbescheinigung auch steuerlich absetzbar sein.
Darüber hinaus ist durch die offizielle Spendenplattform #JusticeForMbobda der Black Community sichergestellt, dass alle Spenden ausschließlich und vollständig dieser Kampagne zur Verfügung gestellt werden können.

Spender*innen, die nicht über diese Plattform spenden, sondern dies per Überweisung tun möchten, spenden bitte an:
 
Förderverein der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V. 
Bank für Sozialwirtschaft
BIC: BFSWDE33BER
IBAN: DE49 1002 0500 0001 2336 00 
Verwendungszweck: JusticeForMbobda
 
Spender*innen, die für die Beisetzung und Familienbelange spenden wollen, spenden bitte an:
 
Arca – Afrikanisches Bildungszentrum e.V.
Hamburger Volksbank
IBAN: DE77 2019 0003 0002 3720 10
Verwendungszweck: JusticeForMbobda
 
Wir sagen herzlichen Dank!
TOUCH ONE – TOUCH ALL!  Kein Vergeben – Kein Vergessen!

DEMONSTRATION: Africa Liberation Day /#JusticeForMbobda 25.05.2019 – 12h @ UKE-Hamburg

Am 21. April 2019 verstarb unser Bruder Tonou-Mbobda infolge eines rassistischen, brutal menschenverachtenden und letztlich tödlichen Übergriffs durch „Security“-Kräfte des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE).

Gerechtigkeit für Bruder Tonou-Mbobda – #JusticeForMbobda

Rassistisch ist dieser Mord nicht „nur“ per se, weil hier einem Schwarzen Menschen durch Repräsentant*innen Weißer Machtstrukturen gewaltvoll das Leben genommen wurde, sondern insbesondere auch durch die Art und Weise, wie sich das verantwortliche Krankenhaus auf Kosten des Toten zu rechtfertigen versucht und sich gegenüber der Familie, den Zeug*innen und Mitpatient*innen, der Black Community und der Öffentlichkeit positioniert. Hier stehen stereotype Kriminalisierungen und Entmündigungen gegenüber dem Toten und seinen Mitpatient*innen sowie gezielte öffentlichkeitswirksame Verletzungen der ärztlichen Schweigepflicht zum Zwecke der Schuldzuweisung und Diskreditierung der Opfer einer erst verantwortungslosen Kommunikationsverweigerung und später dann erniedrigenden und unreflektierten Taktik von intern abgesprochenen Ausreden, unbelegbaren Einschätzungen und aufdringlichen Schutzbehauptungen gegenüber.

Die Mörder*innen Achidi Johns untersuchen – bis heute noch immer unbehelligt – nun hausintern den Tod eines weiteren Schwarzen Menschen durch ihre Kolleg*innen und Mitarbeiter*innen. Die offensichtlich auslösende Gewalt wird vorsorglich relativiert und der Eindruck erweckt, als hätte ein Mensch ohne diagnostizierte innere Vorerkrankungen auch ohne die stattgehabte Gewalteinwirkung einfach so versterben können.
Für den Gesundheitsausschuss des Hamburger Senats ist der gewaltsame Tod eines Schwarzen Menschen keiner Selbstbefassung oder Ursachenforschung wert – ganz so, als wäre sein Tod eben unvermeidbarer Teil zwangspsychiatrischer Praktiken und keiner Rede wert.

Deshalb demonstrieren wir am Tag der Afrikanischen Einheit insbesondere auch für unseren Bruder Tonou-Mbobda, für Aufklärung, Gerechtigkeit, Verantwortung und die Einführung einer Fehlerkultur, die weitere Todesfälle und rassistische Misshandlungen in Zukunft nach Möglichkeit verhindern soll:

Gegen die systematische rassistische Unterdrückung auf allen Ebenen in dieser Gesellschaft
Gegen die Stigmatisierung und Zwangsbehandlung von psychisch belasteten Menschen
Gegen die mangelnde Bereitschaft der Behörden rassistische Verbrechen aufzuklären und die Täter zu bestrafen

AUFKLÄRUNG – WAHRHEIT – VERANTWORTUNG !

Demonstration – Samstag, den 25.05.2019 | 12.00 Uhr

Ort: UKE – Gebäude W37 / Haupteingang Martinistraße 52, 20251 Hamburg

Black Community Hamburg

OFFENER BRIEF AN DAS UNIVERSITÄTS-KLINIKUM EPPENDORF

Hamburg, 27.04.2019

OFFENER BRIEF AN DAS UNIVERSITÄTS-KLINIKUM EPPENDORF

zum tödlichen Angriff auf Bruder Tonou-Mbobda durch „Security-Kräfte“ des UKE

Am 21.04.2019 kam es im UKE zu einem gewalttätigen Übergriff durch drei „Security-Kräfte“ gegen den Patienten Tonou-Mbobda aus Kamerun, in dessen Rahmen ihm auch gegen seinen Willen eine Spritze injiziert worden ist.

Der Betroffene musste im Anschluss eine Stunde lang reanimiert werden, es kam zwischenzeitlich zum Herzstillstand, und er lag seit der Reanimation in einem künstlichen Koma.  

Am Freitag, 26.04.2019, ist er verstorben.

Der Übergriff trug sich am Vormittag des 21.04.2019 in der Psychiatrie (Gebäude W37) des UKE zu. Am Morgen wollte er die ihm verordneten Medikamente nicht einnehmen und begab sich aus dem Gebäude heraus.

Laut Augenzeug_innen saß er dann draußen auf einer Bank und entspannte sich. Er hatte kein aggressives Verhalten gezeigt, als ihn die Sicherheitsdienst-Mitarbeiter anpackten und zu Boden warfen. Weiter berichten die Augenzeug_innen, dass er mit Knien traktiert und getreten wurde, bis er das Bewusstsein verlor und dann noch eine Spritze verabreicht bekam. Außerdem wurde er am Boden fixiert und gewürgt. Er beklagte sich keine Luft zu bekommen.

Patient_innen hatten aufgrund der Schwere der Tat und der Bedrohungslage die Polizei verständigt, auch das LKA erschien vor Ort. Das Gebäude wurde kurzfristig abgesperrt.

Ein Arzt versuchte zunächst für ca. 20 Minuten direkt vor dem Gebäude erfolglos ihn wiederzubeleben, bevor Herr Tonou-Mbobda in einem Krankenwagen – in dem die Reanimation fortgesetzt wurde – in die Notfall-Intensivstation des UKE verbracht wurde.

Die drei „Security-Kräfte“ liefen den ganzen Tag über weiter frei durch das Gebäude, wodurch sich Patient_innen bedroht fühlten.

Diese Tat hätte jede_n von uns als Schwarze Menschen treffen können, denn solche Situationen finden viel zu oft statt und spiegeln die rassistische und menschenverachtende Wahrnehmung gegenüber Schwarzen Menschen als „aggressiv“, „gewalttätig“ und somit generell verdächtig wider, denen unabhängig von äußeren Umständen oder persönlichen Situationen eher mit tödlicher Gewalt als mit Mitgefühl begegnet wird.

Wir fordern ein Ende der rassistischen Praktiken des UKE und der entsprechenden Straflosigkeit für die Täter_innen. Strukturelle Gewalt gegen Schwarze Menschen nimmt uns unsere Würde und steht im Widerspruch zu unseren Grund- und Menschenrechten.

Diese Art von Gewalt ist auch im UKE kein Einzelfall: Wir erinnern an Bruder Achidi John, der im Dezember 2001 durch eine Ärztin des UKE zu Tode gefoltert wurde. Hierbei wurde ihm gewaltsam ein Brechmittel durch eine Sonde eingeflößt. Bis heute wurde keine verantwortliche Person dafür zur Rechenschaft gezogen.

Überdies findet im UKE die rassistische Altersfeststellungspraxis statt, die minderjährige Geflüchtete unter Generalverdacht stellt und häufig zur Verweigerung ihrer besonderen Schutzrechte führt.

Herr Tonou-Mbobda wandte sich freiwillig an den offenen Bereich der Psychiatrie-Klinik und hätte dementsprechend auch jederzeit die Klinik wieder verlassen können. Es ist erlaubt und normal, dass Patienten auf dem Gelände ausgehen.

Neben den verfassungsmäßigen Rechten auf Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit, welche u. a. auch die „Freiheit zur Krankheit“ beinhalten, besteht auch die höchstrichterliche Rechtsprechung, dass eine Zwangsbehandlung gegen den ausdrücklichen Willen des Betroffenen als letztes Mittel grundsätzlich nur mit einem richterlichen Beschluss möglich ist. Eine Zwangsbehandlung, die derartig gewaltvoll ist, ist davon allerdings keineswegs gedeckt!

Die beteiligten Ärzt_innen wussten direkt nach der Tat von der Lebensgefahr und den geringen Überlebenschancen des Herrn Tonou-Mbobdas. Sie stellten dennoch bewusst keine Mühen an, die Familie zu kontaktieren, da sich aus ihrer Sicht die „Situation erstmal beruhigen sollte“. Erst durch das Engagement der Black Community wurden Familien-Angehörige benachrichtigt, die seitdem auch permanent vor Ort sind.

Ein derart gleichgültiges Verhalten gegenüber einem Patienten und seinen Angehörigen kann nur als menschenverachtend eingeordnet werden.

Wir fragen uns und die Verantwortlichen am UKE:

– Wie kann es sein, dass derart gewaltbereite Sicherheitskräfte, die von Patient_innen als „grundsätzlich eskalativ“ beschrieben werden, in einer so hochsensiblen Umgebung nach Belieben Gewalt ausüben können?

– Wie kann es sein, dass am helllichten Tage, psychisch belastete Menschen Opfer und Zeug_innen einer derartigen Straftat werden?

– Wie kann es sein, dass die Patient_innen selbst auch noch die Polizei verständigen müssen, weil sich das verantwortliche Krankenhauspersonal nach Einschätzung der Zeug_innen „komplizenhaft“ verhält?

– Wie kann es sein, dass Zeug_innen Repression und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt werden, wenn sie sich für ihre Mitmenschen und für Gerechtigkeit einsetzen?

Zeug_innen, die im offenen Bereich der Psychiatrie des UKE auf unterschiedlichen Stationen untergebracht sind, berichteten, dass sie von der Polizei als Zeug_innen nicht ernst genommen worden sind. Jeder Versuch die Wahrheit kundzutun, wurde im Krankenhaus selbst mit Einschüchterungsversuchen und Androhungen von Verweisen aus der Klinik oder Verabreichung von beruhigenden Medikamenten beantwortet.

• Wir fordern ein Ende der Stigmatisierung und Erniedrigung psychisch erkrankter und traumatisierter Menschen.

• Wir fordern eine psychologische Versorgung und die Aufarbeitung der traumatischen Erlebnisse der Augenzeug_innen sowie ein Ende der Repressionen und Einschüchterungen gegen sie.

Die Umstände und Verantwortlichkeiten, die zum Tod von Herrn Tonou-Mbobda geführt haben, müssen rückhaltlos aufgeklärt werden:

• Wir fordern eine umfassende, öffentliche und zeitnahe Stellungnahme des UKE zu dem gewalttätigen und letztlich tödlichen Übergriff sowie eine umfassende rechtsmedizinische Aufklärung der Todesursachen.

• Wir fordern eine sofortige Suspendierung der gewalttätigen „Sicherheitskräfte“ und interne wie gerichtliche Ermittlungen gegen sie.

• Wir fordern, dass auch die an der tödlichen Körperverletzung beteiligten Ärzt_innen, Pfleger_innen sowie politisch Verantwortliche zur Verantwortung gezogen werden.

• Wir fordern ein Ende jeder entmenschlichenden und menschenverachtenden Praxis gegenüber allen Menschen und Patient_innen im UKE.

• Wir fordern die Polizei und Justiz auf, das Verbrechen vollständig und umfänglich aufzuklären. Insbesondere rassistische Motive müssen dringend untersucht werden.

Wir fordern auch die Medien, die breitere Gesellschaft und Öffentlichkeit auf, sich zu solidarisieren. Dieser Vorfall darf weder verschwiegen werden, noch sollen Unwahrheiten oder ein stigmatisierendes Bild über den Toten verbreitet werden. 

Wir verurteilen die Tat aufs Schärfste und fordern Respekt und Gerechtigkeit für Herrn Tonou-Mbobda.

Fragt im UKE nach und fordert Gerechtigkeit!

Telefonnummer & Mailadresse der Pressestelle des UKE:

+49 (0) 40 7410 -56061

presse@uke.de

Touch ONE – Touch ALL!

Unterzeichnet:

-Black Community in Hamburg

-Black Community in Deutschland

Mitunterzeichnet:

-Africa United Sports Club e. V.

-Afrika Unite! Study Collective

-ARRiVATi

-CECAM e.V.

-Ta Set Neferu

-Initiative in Gedenken an Oury Jalloh

-Black Student Union Bremen

-Sipua Consulting

-Black History Month, Hamburg

-African Home

-Black Media Group

-Tschobe für Freedom

-Lampedusa in Hamburg

-ASUIHA

-Alafia, Afrika Festival

-Arca Bildungszentrum e.V.

-Akonda Eine-Welt-Cafe

-Asmara’s World Refugee Support

-AICC-Afro International Culture Center 

-ISD Bund

-ISD Hamburg

-ISD Lüneburg

-Taiyo Sports Center

-TopAfric Radio

-AGNA e.V.

-African Heritage

-ARMH e.V.

-FemcamH e.V.

-Lessan e.V.