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GERECHTIGKEIT FÜR LAMIN TOURAY: Sofortige Veränderung

#JUSTICEforLaminTouray

DIE BLACK COMMUNITY-COALITION FOR JUSTICE AND SELF-DEFENCE UND DIE AFRIKANISCHENCOMMUNITIES IN DEUTSCHLAND FORDERN SOFORTIGE VERÄNDERUNGEN

Lamin Touray wurde am 30.03.2024 in Nienburg (Niedersachsen) von Polizeibeamt*innen mit 8 Schüssen exekutiert

In einem tiefen Zustand des Schocks, der Empörung und der Trauer sind wir, die BLACK COMMUNITYCoalition for Justice & Self-Defence (BCCJSD), zusammen mit den Schwarzen, Afrikanischen, Afro-Deutschen, Indigenen und POC-Communities in Deutschland mit den krassen Realitäten der systemischen Ungerechtigkeit konfrontiert. Die Ereignisse, die zum Tod von Lamin Touray am 30. März 2024 in Nienburg führten, haben dies auf tragische Weise erneut verdeutlicht. In einem kritischen Moment einer psychischen Krise erfuhr Bruder Lamin Touray nicht die Hilfe, die seine Angehörigen verzweifelt suchten, als sie sich an den Notdienst wandten, sondern wurde stattdessen von denjenigen, die dazu berufen waren, zu schützen und zu dienen, mit übermäßiger Gewalt angetroffen.

Trotz anfänglicher Behauptungen der Polizei hatte Lamine seine Freundin nicht mit einem Messer bedroht – eine Behauptung, die sich eindeutig als falsch erwies, aber dennoch als Rechtfertigung für eine so
unverhältnismäßige Reaktion diente, dass acht Schüsse abgefeuert wurden, die nicht nur zu Lamins frühem Tod, sondern auch zu Verletzungen in den Reihen der Polizei führten.
Die tragischen Umstände des Todes von Lamin Touray und die anschließende Reaktion der Polizei werfen ein grelles Licht auf tief sitzende Probleme des anti-Schwarzen Rassismus und das
allgegenwärtige, schädliche Stereotyp des „gefährlichen Schwarzen Mannes“. Dieses Stereotyp, das auf jahrhundertelange rassistische Voreingenommenheit und Diskriminierung zurückgeht, gefährdet
weiterhin das Leben von Schwarzen, indem es das Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden beeinflusst.
Dies führt oft zu unnötiger und übermäßiger Gewaltanwendung in Situationen, die stattdessen Einfühlungsvermögen und Hilfe erfordern. Die Begegnung mit Lamin Touray ist eine erschütternde Erinnerung an die tödlichen Folgen solcher Vorurteile. Trotz seines verletzlichen Zustands und des Bedarfs an psychosozialer Unterstützung wurde Lamins Erfahrung durch fest verankerte Vorstellungen von Bedrohung und Kriminalität geprägt, die mit seiner Schwarzen Identität zusammenhängen.


Dieses Ereignis ist kein Einzelfall, sondern fügt sich in ein beunruhigendes Muster ein, das durch den Tod von Mouhamed Lamine Dramé in Dortmund im August 2022 und den bevorstehenden fünfjährigen Gedenktag des Todes an William Tonou Mbobda im UKE-Krankenhaus am 21. April gekennzeichnet ist.
Diese Vorfälle unterstreichen die dringende Notwendigkeit einer umfassenden Veränderung unseres Umgangs mit psychischen Krisen und polizeilichen Praktiken.


Die erheblichen Verzögerungen bei der Untersuchung und Rechtsprechung, insbesondere in Fällen, in denen Schwarze Menschen in Deutschland zu Tode gekommen sind, bezeichnen in aller Deutlichkeit
mit dem Slogan „verzögerte Gerechtigkeit ist verweigerte Gerechtigkeit“. Dieses schleppende Voranschreiten bei der Behandlung und Lösung solcher zentralen Angelegenheiten verschlimmert nicht nur die Traumata, die unsere Communities wiederholt und regelmäßig erfahren mussten, sondern offenbaren auch gleichzeitig ein breiteres systemisches Versagen, Schwarzen Leben auf allen Exekutivebenen gleichwertigen Schutz und Wert zu beizumessen. Die schleppende Reaktion und die langwierigen Ermittlungen vertiefen das Gefühl der Ungerechtigkeit und des Misstrauens innerhalb der Afrikanischen Communities in Deutschland und verdeutlichen eine systematische Abneigung, Voreingenommenheit und Unfähigkeit, die Ursachen und Auswirkungen von Anti-Schwarzem Rassismus und Polizeigewalt. Diese Untätigkeit verlängert die Leiden der betroffenen Familien und Gemeinschaften und setzt einen Kreislauf von Trauma und Angst unter allen Schwarzen in diesen Gesellschaften fort.


Aufgrund wiederholter und beständiger Erfahrungen bezweifeln wir grundsätzlich, dass das System der Polizei, die gegen die Polizei ermittelt, oder der Staatsanwaltschaft, die gegen sich selbst ermittelt, die systemische kognitive Dissonanz und die Ideologie der Weißen Überlegenheit in den Behörden, die für den so genannten Rechtsstaat stehen, überhaupt in Frage stellen kann – in dem die Unschuldsvermutung für die Täter strikt beschworen und die Opfer staatlicher Gewalt und rassistischer Diskriminierung regelmäßig vorverurteilt werden.


Unser Aufruf zum gemeinsamen Handeln:

  1. Umfassende Unterstützung für die Familie von Lamin Touray:
    Wir fordern sofortige und umfassende Unterstützung für die Familie von Lamin Touray, einschließlich psychologischer Beratung und Trauerbegleitung, Rechtsbeistand und finanzieller Unterstützung zur
    Deckung aller Beerdigungskosten. Diese Unterstützung sollte sich auch auf die Erleichterung jeglicher Reise- und Unterbringungsbedürfnisse von Familienmitgliedern erstrecken, die in ihrem Streben nach
    Gerechtigkeit und Aufklärung nach Deutschland kommen wollen.
  2. Richtigstellung von Fehlinformationen:
    Wir fordern die öffentliche Richtigstellung falscher Erzählungen über diesen Vorfall, um die Würde des Opfers und seiner Familie wiederherzustellen.
  3. Direkter Dialog mit den Behörden:
    Die Familie von Lamin Touray muss die Möglichkeit zum direkten Dialog mit den Ermittlungsbehörden und politischen Entscheidungsträgern erhalten. Dies wird für Transparenz sorgen, alle und sich für die
    Gerechtigkeit für Lamine einzusetzen. Es ist wichtig, dass die Stimmen der Familie während der gesamten Untersuchung und darüber hinaus gehört und respektiert werden.
  4. Community-basierte Krisenintervention:
    Wir setzen uns für die Finanzierung und Umsetzung von selbstorganisierten und professionsübergreifenden Programmen ein, die der Expertise von Fachleuten aus dem Bereich der psychischen Gesundheit und der jeweiligen Community Vorrang vor dem gewaltbasierten Eingreifen der Polizei in Krisensituationen einräumen.
  5. Umfassende Reform und Ausbildung in der Polizeiarbeit:
    Wir bestehen auf einer obligatorischen, umfassenden Schulung aller Polizeibeamtinnen in Deeskalationstechniken, der Sensibilisierung für psychische Gesundheit und einer eingehenden Auseinandersetzung mit den historischen und unterdrückerischen Ursprüngen von Polizeiarbeit, insbesondere mit ihren Wurzeln im Kolonialismus und in der Sklavenhaltung. Die Anerkennung und Aufarbeitung dieser Geschichte ist von entscheidender Bedeutung, um rassistische Vorurteile abzubauen und ein neues Polizeimodell zu entwerfen, das allen Mitgliedern der verschiedenen Communities mit Gleichbehandlung und Mitgefühl dient und sie unterschiedslos schützt.

Während wir unsere kollektive Trauer bewältigen, wird unsere Entschlossenheit für Gerechtigkeit, systemische Veränderungen und die Beseitigung rassistischer Vorurteile in der Polizeiarbeit und in Krisenreaktionssystemen nur noch stärker. Die institutionellen Tötungen Lamin Touray, Mouhamed Lamine Dramé und William Tonou Mbobda erinnern uns eindringlich daran, dass unsere Systeme für Polizeiarbeit und psychiatrische Versorgung wirklich tiefgreifende Veränderungen benötigen. Wir rufen gemeinsam zum Handeln auf, fordern Klarheit, Rechenschaftspflicht und Gerechtigkeit und bestehen darauf, dass Würde und Menschlichkeit die Richtschnur für den Umgang unserer Gesellschaft mit dem Wohlergehen eines jeden Einzelnen sind.

Gerechtigkeit für Lamin Touray

Touch One – Touch All!

Unterzeichnerinnen:
BCCJSD
Black Community Hamburg
ARRiVATi – Community Care e.V.
Alafia
Akonda e.V.
Africa Home
Africa Survival in Hamburg
Tschobe for Freedom
Africans From Ukraine
Sisters in Struggle
Black Media Group

INFO EVENT & MOBILIZATION To the DEMONSTRATION on January 7th 2023 in DESSAU

OURY JALLOH – THAT WAS MURDER!

(https://blackcommunityhamburg.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/920/2022/12/2019-12-22_Info-VA-Flyer-B5_EN.png)

Oury Jalloh was unlawfully arrested, unlawfully detained and shackled, unlawfully blood drawn, tortured, killed and burned to death by police officers of the Dessau police station on January 7, 2005. In the course of the independent investigation by the Initiative in Remembrance of Oury Jalloh, two other homicide crimes committed by the Dessau police also came to public attention:

  • On December 7, 1997, Hans-Jürgen Rose was severely brutalized at the Dessau police station and subsequently dumped in front of a house entrance in the close neighborhood – he succumbed to his severe internal injuries only a few hours later on December 8, 1997
  • On October 29, 2002, Mario Bichtemann was illegally taken into custody by Dessau police officers and „found“ dead the next day in custody cell no. 5 with a fractured skull base and a fatal brain hemorrhage.

To this day, law enforcement agencies, courts, and state politicians refuse to acknowledge these crimes and draw appropriate criminal consequences. The crimes have remained allegedly „unsolved“, unatoned, without official apologies and without compensation until today!

The brutal, racist murder of brother Oury Jalloh will now be 18 years ago on January 7, 2023.

In the face of the dehumanizing series of murders in the Dessau police station and their systematic impunity, we call on all people and especially our Black and migrant communities to join us in the commemoration demonstration in Dessau to remember those who died and were humiliated in the Dessau murder house, to demand official acknowledgement of the crimes and appropriate prosecution.

The murder, the burning and the previous torture of Oury Jalloh have long been extensively and scientifically proven by a large number of forensic reports – what is missing is the constitutional recognition of the facts and respective consequences.

For 18 years, public prosecutors, courts, and political leaders have sabotaged the investigation ex officio through untenable hypotheses, through systematic suppression and destruction of evidence, through purposeful manipulation of expert opinions and their results, and through deliberate restriction of the lines of investigation and charges.

The Initiative in Remembrance of Oury Jalloh, on the other hand, has impressively demonstrated in these 18 years, on the basis of fire reports, file reports, medical reports and forensic reconstructions, that

  • Oury Jalloh did not have a lighter and the alleged „evidence“ could not have been on death row
  • Oury Jalloh must have been at least incapacitated or unconscious or even already dead at the time of the setting of the fire, since neither fire gases in his blood nor stress factors in his urine were detectable
  • Oury Jalloh received severe head injuries and rib fractures shortly before his death
  • setting fire to the fireproof mattress without accelerant could not be successful from the point of view of fire physics
  • the fire pattern from cell no. 5 could not be achieved without the use of fire accelerant – and
  • that the cell door must probably have been open for the entire duration of the fire.

On Thursday, December 22, 2022, we therefore cordially invite you to an information event together with the Initiative in Remembrance of Oury Jalloh at the International Center B5 (Brigittenstraße 5, 20359 Hamburg-St. Pauli) to inform you about the current state of affairs, to answer your questions and to organize our joint journey to Dessau.

No JUSTICE – No PEACE

Touch ONE – Touch ALL

BREAK the SILENCE

INFOVERANSTALTUNG & MOBILISATION zur DEMONSTRATION am 7. Januar 2023 in DESSAU

OURY JALLOH – DAS WAR MORD!

(https://blackcommunityhamburg.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/920/2022/12/2019-12-22_Info-VA-Flyer-B5_de.png)

Oury Jalloh wurde am 7. Januar 2005 von Polizeibeamten des Polizeireviers Dessau rechtswidrig verhaftet, rechtswidrig inhaftiert und gefesselt, rechtswidrig Blut abgenommen, gefoltert, getötet und verbrannt. Im Zuge der unabhängigen Aufklärung durch die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh wurden auch noch zwei weitere Tötungsverbrechen der Dessauer Polizei bekannt:

  • Am 7. Dezember 1997 wurde Hans-Jürgen Rose im Polizeirevier Dessau schwerst misshandelt und anschließend in der unmittelbaren Nachbarschaft vor einem Hauseingang abgelegt – er erlag nur wenige Stunden später seinen schwersten inneren Verletzungen am 8. Dezember 1997
  • Am 29. Oktober 2002 wurde Mario Bichtemann von Dessauer Polizeibeamten rechtswidrig in Gewahrsam genommen und am Tag darauf tot mit einem Schädelbasisbruch und einer tödlichen Hirnblutung in der Gewahrsamszelle Nr. 5 „aufgefunden“

Bis heute weigern sich die Strafverfolgungsbehörden, Gerichte und die Landespolitik, diese Straftaten anzuerkennen und entsprechende strafrechtliche Konsequenzen zu ziehen. Die Verbrechen sind bis heute angeblich „unaufgeklärt“, ungesühnt, ohne offizielle Entschuldigungen und ohne Entschädigung geblieben!

Der brutale, rassistische Mord an Bruder Oury Jalloh jährt sich am 7. Januar 2023 zum nunmehr 18. Mal.

Im Angesicht der menschenverachtenden Mordserie im Dessauer Polizeirevier und deren systematischer Straflosigkeit rufen wir alle Menschen und insbesondere unsere Schwarzen und migrantischen Communities dazu auf, mit uns gemeinsam zur Gedenkdemonstration nach Dessau zu fahren, um den Toten und Gedemütigten des Dessauer Mordrevieres zu gedenken, die offizielle Anerkennung der Verbrechen und die entsprechende Strafverfolgung einzufordern.

Der Mord, die Verbrennung und die vorherige Folter von Oury Jalloh sind längst umfänglich und wissenschaftlich fundiert durch eine Vielzahl an forensischen Gutachten bewiesen worden – was fehlt ist die rechtsstaatliche Anerkenntnis der Faktenlage und entsprechende Konsequenzen.

Seit 18 Jahren sabotieren Staatsanwaltschaften, Gerichte und politische Verantwortungsträger*innen die Aufklärung von Amts wegen durch unhaltbare Hypothesen, durch systematische Beweismittelunterdrückung und -vernichtung, durch zweckorientierte Manipulationen von Gutachtenaufträgen und –ergebnissen sowie durch zielgerichtete Einschränkung der Ermittlungsrichtungen und Anklagepunkte.

Die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh hat in diesen 18 Jahren dagegen anhand von Brandgutachten, Aktengutachten, medizinischen Gutachten und forensischen Rekonstruktionen eindrücklich bewiesen, dass

  • Oury Jalloh kein Feuerzeug hatte und das angebliche „Beweismittel“ nicht in der Todeszelle gewesen sein kann
  • Oury Jalloh zum Zeitpunkt der Brandlegung zumindest handlungsunfähig bzw. bewusstlos oder sogar bereits tot gewesen muss, da weder Brandgase in seinem Blut, noch Stressfaktoren in seinem Urin nachweisbar waren
  • Oury Jalloh kurz vor seinem Tod schwere Kopfverletzungen und Rippenbrüche zugefügt bekam
  • eine Brandlegung an der feuerfesten Matratze ohne Brandbeschleuniger brandphysikalisch nicht erfolgreich sein konnte
  • das Brandbild aus Zelle Nr. 5 ohne die Verwendung von Brandbeschleuniger nicht erreicht werden kann – und
  • dass die Zellentür wahrscheinlich die gesamte Brandzeit über offen gestanden haben muss

Am Donnerstag, den 22.12.2022 laden wir Euch deswegen herzlich zu einer Infoveranstaltung gemeinsam mit der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh in das Internationale Zentrum B5 (Brigittenstraße 5, 20359 Hamburg-St. Pauli) ein, um Euch zum aktuellen Stand zu informieren, Eure Fragen zu beantworten und die gemeinsame Anreise am 7. Januar 2023 nach Dessau zu organisieren.

No JUSTICE – No PEACE

Touch ONE – Touch ALL

BREAK the SILENCE